
"Kriegskind - meine Jugend in Hitlerdeutschland" von Annelee Woodstrom
Frankfurt. 93 Jahre und kein bißchen leise - das ist Annelee Woodstrom, die sich auf einer Lesereise durch Deutschland befand. Der Höhepunkt dieser Reise war zweifellos die Lesung auf der Frankfurter Buchmesse. Begleitet wurde Annelee, die früher Anneliese Sölch hieß, von ihrem Sohn Roy und ihrem Neffen. Sie wurde in Mitterteich geboren und hat dort ihre Kindheit verbracht.
In immer noch fließendem Deutsch erzählte sie davon, wie sie aufwuchs. Ihr Vater verbot den Mitgliedern seiner Familie, in die Partei einzutreten. Deshalb durfte sie keine Uniform tragen, was dem neunjährigen Mädchen sehr schwer fiel, denn die meisten anderen waren in der Hitlerjugend und durften an Veranstaltungen teilnehmen, an denen Annelee auch gerne teilgenommen hätte. Ihr ganzes Leben änderte sich, als Hitler an die Macht kam. So hatte sie eine Schule besucht, in der Nonnen unterrichteten, die über eine hohe Bildung verfügten. Diesen wurde nicht erlaubt, weiter zu lehren - daraufhin tat sich Annelees Vater mit weiteren Eltern zusammen und sie bezahlten die Nonnen privat, damit sie ihre Kinder weiter unterrichteten.
Mit sechzehn Jahren musste sie ihr Elternhaus verlassen, um in einem etwa 140 km entfernten Telegraphenamt zu arbeiten. Siebzig Stunden in der Woche in Tag- und Nachtschicht - welche Aufgabe für so ein junges Mädchen, das Sehnsucht nach zu Hause hatte. Dazu kam die Angst - eine Freundin von ihr wurde eines Tages vom Geheimdienst abgeholt, weil sie zu viele Fehler bei ihrer Arbeit machte - und sie tauchte nie wieder auf. Dadurch wurde der Druck natürlich noch größer. Als die alliierten Truppen immer näher kamen, verließ sie mit ihrer Freundin das Telegraphenamt und machte sich zu Fuß auf den Weg nach Hause.
Das Leben dort war geprägt von der Suche nach Essen - Lebensmittelmarken halfen auch nicht immer, denn wenn es keine Waren gab, konnte auch nichts verteilt werden. Und jeder musste lange anstehen, um wenigstens das Nötigste zu bekommen. Zudem wurde eine Familie bei ihnen zu Hause einquartiert, die dort 13 Jahre wohnte. Dabei hatten sie Glück im Unglück, denn diese Familie war nett - im Gegensatz zu anderen, die bei ihrer Verwandtschaft einquartiert waren. Aber das konnte man sich nicht aussuchen.
Als die Amerikaner nach Mitterteich kamen, traf Anneliese Kenny, die Liebe ihres Lebens. Mit ihm wanderte sie 1947 nach Amerika aus. Ihre Familie war überhaupt nicht damit einverstanden gewesen, dass sie Mitterteich den Rücken kehrte, aber für sie war das die richtige Entscheidung. Zum damaligen Zeitpunkt sprach sie genau fünf Wörter Englisch: Yes, no, hot, cold und Crookston, den Namen der Stadt, in die sie Kenny folgte. Die beiden waren 51 glückliche Jahre lang verheiratet. Gemeinsam hatten sie zwei Kinder, Roy und Sandra. Ein unermeßlicher Verlust für beide war es, als ihre Tochter Sandra 1978 von einem betrunkenen Autofahrer getötet wurde.
Annelee arbeitete erst als Verkäuferin, bevor sie dann Englisch in der Mittel- und Oberstufe unterrichtete - zusammen mit Deutsch, Staatsbürgerkunde und Psychologie. Noch heute ist es ihr ein großes Anliegen, junge Menschen über die damalige Zeit zu informieren und dabei auf ein :"Nie wieder" hinzuweisen.
So lautet ihr Wunsch, daß wir bald in und mit einer friedvollen Welt leben mögen und das jeder von uns jeden einzelnen Tag, den Gott uns schenkt, genießen und nutzen können.
Liebe Annelee, vielen Dank für das Gespräch und die Zeit, die Sie mit mir verbracht haben. Ich werde dieses Gespräch nie vergessen und fühle mich stolz und geehrt, Sie kennenlernen zu dürfen. Alles Gute und Gottes Segen für Sie.
Das Buch"Kriegskind - Meine Jugend in Hitlerdeutschland - Aber muss es denn ein Ami sein?" von Annelee Woodstrom können Sie unter der
ISBN Nummer 978-3-00-063538-0
zum Preis von 14,90 € erwerben.
Text: bk Foto: pem